Die Zucht

Geschlechtsreife
Die Geschlechtsreife tritt beim Weibchen eher ein als beim Böckchen. Mit ca. 5 Wochen ist das Weibchen das erste Mal brünstig. Sie zeigt dies durch das typische Verhalten eines Böckchens, sie tänzeln mit wiegenden Schritten um Ihre Artgenossen und geben dabei knatternde Geräusche von sich.
Die Scheide ist durch ein Häutchen verschlossen welches sich nur in der Brunst öffnet. Der Scheideneingang schwillt leicht an und ein weißes Sekret tritt aus. Bevor man ein Junges Weibchen das erste Mal decken lässt, sollte es allerdings mind. sechs Monate alt sein und ca. 800g wiegen. Diese Angaben beziehen sich auf Rassemeerschweinchen die im allgemeinen größer und schwerer als ein Mischling sind. Ein Meerschweinchen ist mit ca. 8-12 Monaten voll ausgewachsen.
Das junge Böckchen ist mit ca. 6-8 Wochen geschlechtsreif, manche "Gangster" versuchen schon mit zarten 2 Wochen auf Ihren Geschwistern oder sogar der Mutter aufzureiten. Nach meinen Erfahrungen ist es ratsam die jungen Böckchen mit etwa 4 Wochen (je nach Größe) von der Mutter und seinen Geschwisterchen zu trennen. In einem Fall wurde ein Böckchen schon mit 3 Wochen Papa....

Paarung
Hat man sich entschieden, ein Meerschweinchenpaar zusammenzusetzen, so sollte man sich vorher folgendes überlegt haben:

  • Sind beide Tiere im Richtigen Alter?

  • Weibchen sollten bei der ersten Trächtigkeit nicht älter als 1 Jahr sein, da es sonst zu Komplikationen kommen kann. Ältere Weibchen nehmen oft schlecht auf, tragen sehr große Welpen aus oder haben Schwierigkeiten bei der Geburt, da Ihr Becken verknöchert und so nicht mehr so elastisch ist wie bei jüngeren Tieren oder bei Tieren die schon mal Junge hatten.

  • Sind beide Tiere gesund und kräftig?

  • Auch das Böckchen sollte eine gute Kondition besitzen, in der Brunst des Weibchens nimmt der Bock oft 100g und mehr ab, da das ständige aufreiten auf die brünstige Sau sehr anstrengend ist.

  • Sind sie von Krankheiten oder Parasitenbefall geschwächt, ist das eine schlechte Voraussetzung für eine erfolgreiche Zucht!

  • Will man Rassemeerschweinchen züchten, so muss geschaut werden ob das Zuchtpaar Rasse und Farbmäßig zueinander passen.

  • Sind die Tiere verwandt, könnte dies zu benachteiligten Welpen führen.

Hat man diese Punkte abgeklärt, steht dem zusammensetzen der Tiere nichts im Weg. Da der Bock meist nachgibt, sind Beißerein oder ähnliches selten. Das Weibchen hat nahezu Narrenfreiheit.

Das Weibchen ist alle 16-18 Tage brünstig. Diese dauert dann ca. 24 Std. an, wovon die Hauptbrunst nur rund 10 Std. dauert. In dieser Zeit reitet das Böckchen immer wieder auf das Weibchen auf, das ist sehr Kräftezerrend für das Böckchen. Mit wiegendem Schritt und lautstarkem geknatter versucht das Böckchen an des Weibchen heranzukommen. Er beriecht Ihre Analgegend und bespritzt sie mit Urin, auch das Revier wird ständig markiert indem er sein Hinterteil über den Boden reibt.
Ist das Weibchen nicht brünstig wehrt es den Bock mit gezielten Urinspritzern oder sogar bissen ab. Ist es bereit für den Deckakt, so legt es sich beinahe hin und hebt dabei Ihr Hinterteil an.
Manchmal kann man den Decksprung beobachten.
Findet man nach der Paarung einen weißlichen, wachsartigen Pfropfen, so ist dies der Beweis einer erfolgreichen Paarung. Dieser Wachspfropf verschließt die Vagina nach der Paarung um zu verhindern das das Sperma wieder herausfließt, nach ein paar Stunden fällt dieser dann wieder heraus. Hat keine Befruchtung stattgefunden verschließt sich die Vagina bis zur nächsten Brunst.

Tragzeit
Meerschweinchen tragen ca. 68-72 Tage, abhängig von der Anzahl der heranwachsenden Welpen. In den beiden Gebärmutterhörnern nisten sich die befruchteten Eizellen ein. Optimalerweise ist die Anzahl der Jungtiere auf beide Hörner gleichmäßig verteilt.
Wachsen an einer Seite nur eines, an der anderen aber 2 oder gar 3 Welpen heran, so ist das einzelne klar in Versorgungsvorteil. So lassen sich die oft unterschiedlichen Geburtsgewichte erklären.
Zwischen der 4.-6. Woche nimmt das Weibchen sichtlich an Umfang zu.
Mit etwas Geduld und Erfahrung kann man ab der 7. Woche auch erste Bewegungen der Welpen fühlen. Nun muss das Weibchen mit Vorsicht behandelt werden. Es sollte keinem unnötigem Stress mehr ausgesetzt werden. Beim herausnehmen muss der Bauch nun mit der ganzen Hand gestützt werden. Zum Ende der Trächtigkeit haben die Weibchen rund die Hälfte des eigenen Gewichtes Zugelegt!
Das ist eine große Belastung für den Körper und erfordert eine optimale Versorgung des Muttertieres. Manchmal allerdings kommt es zu einer Stoffwechselfehlfunktion, die mit einer Leberverfettung einhergeht. Diese führt sehr schnell und fast ohne Heilungschancen zum Tod des Muttertieres, oft des gesamten Wurfes. Diese sogenannte Trächtigkeitstoxikose tritt meist am Ende der Schwangerschaft oder einige Tage nach der Geburt auf.

Geburt
Meerschweinchen haben mit fast 10 Wochen eine sehr lange Tragezeit. Steht der Geburtstermin bevor, sollte der Bock aus dem Käfig genommen werden um zu verhindern das das Weibchen erneut belegt wird. Andere Tragende Weibchen sollten ebenfalls aus dem Stall genommen werden, da das beobachten einer Geburt oft ansteckend wirkt und vielleicht eine Frühgeburt auslöst.
Die Schambeinfuge die normalerweise geschlossen ist und sich wie ein rundes Knochenende anfühlt, weitet sich gegen ende der Tragzeit (ca. eine Woche vor der Geburt) und man kann deutlich zwei Knochenenden fühlen, in der Mitte wird ein Spalt freigegeben. Ist dieser ca. einen Daumen breit, so steht in den nächsten 12 Tagen die Geburt an.
Meerschweinchen sind Nestflüchter, das heißt das Muttertier baut kein Nest, sie bekommt Ihre Kleinen einfach in einer Ecke Ihres Käfigs. Die Wehen sind als ruckartige Bewegung des Tiere nach vorne zu erkennen. Einige Presswehen, bei denen der Bauch sehr hart wird, und das erste Baby ist da. Die Mutter nimmt eine Hockstellung ein und zieht die Jungen unter sich hervor. Dabei beißt sie sofort die Eihaut auf damit die Kleinen atmen können.
Meerschweinchen werden wie wir meist mit dem Kopf voran geboren. Dann beißt sie die Nabelschnur durch und frist die Eihaut auf, anschl. wird das Junge trockengeleckt. Es folgt rasch die Geburt der weitern Welpen. Manchmal kommen die Kleinen so schnell hintereinander das das Muttertier noch mit dem ersten beschäftigt ist, während das andere ersticken muss. Es sei denn man beobachtet die Geburt und kann helfend eingreifen.
Übrigens, alle Welpen haben eine eignende Plazenta, mindestens eine muss das Muttertier fressen um sich mit Hormonen zu versorgen die die Milchproduktion anregen.
Die Geburt dauert meist eine halbe Stunde selten länger. 2-5 Welpen sind als normal anzusehen, die Jungen wiegen dann zwischen 50 und 120g... ein "Einzelkind" kann auch schon mal 150g oder mehr wiegen.
Einige Stunden nach der Geburt wird das Weibchen wieder brünstig, diese Brunst sollte man aber überspringen um der Mutter eine Doppelbelastung (Trächtigkeit und Jungtieraufzucht) zu ersparen. Komplikationen können eine Steiß- oder Querlage sein, bei denen im Ernstfall nur der Kaiserschnitt Abhilfe verspricht. Bei zu schwachen Wehen kann der Tierarzt (oder Heilpraktiker) ein Wehen förderndes Mittel geben. Dauert die Geburt länger als eine Stunde an ist der Weg zum Tierarzt unumgänglich!

Jungtiere
Meerschweinchen kommen als Nestflüchter, das heißt voll entwickelt und mit geöffneten Augen, zur Welt. Sogar Ihre Milchzähne verlieren sie schon im Mutterleib, ca. 2 Wochen vor der Geburt. Die Säugeperiode dauert ca. 3-4 Wochen.
Die Mutter leckt und putzt Ihre Welpen beim säugen, das regt die Darmtätigkeit der kleinen an. Meerschweinchen besitzen übrigens nur zwei Zitzen. Ab dem 2. Tag nach der Geburt beginnen die Jungtiere Ihrer Mutter nachzulaufen und sie knabbern auch schon hier und da an Heu und Futter.
Mit 2-3 Wochen beginnen die kleinen Böckchen spielerisch Balzverhalten und Rangordnungskämpfe zu üben. Sehr gut kann man in den ersten 2-3 Wochen auch Typ und Bau der kleinen erkennen. So wie sie in den ersten Wochen aussehen, werden sie als Erwachsenes Tier auch wieder aussehen. Dazwischen liegt aber eine schwierige Zeit, die Welpen werden lang und dünn, die Nase spitz und die Ohren stehen ab.... oft sind die Kleinen in dieser Zeit recht scheu und schreckhaft.

Verwaiste Jungtiere
Muss man Jungtiere ohne Mutter aufziehen, so sollte man als erstes versuchen eine geeignete Amme zu finden. Die Jungtiere, falls sie welche hat, der Amme sollten aber höchstens 10 Tage älter sein als die Waisen. Und es dürfen nicht zu viele Jungtiere für die Amme werden. Hat man ein geeignetes Tier ausfindig gemacht geht man wie folg vor. Zuerst reibt man die Kleinen Waisen mit der Einstreu aus dem Käfig der Amme ab, um ihnen einen vertrauten Geruch zu geben. Dann setzt man die kleinen zur Ammen in den Stall, in der Regel werden die kleinen dann von der Amme mitgesäugt und versorgt. Hat man eine Amme ohne eignende Welpen, so kann es vorkommen das diese sogar wieder Milch produziert!
Die Ernährung Mutterloser Jungtiere ist nicht sehr schwierig. Gute Erfahrung habe ich mit Heilnahrung (Humana, Milupa o.ä.) oder Milchpulver für Katzenbabys gemacht. Beides wird zu einen flüssigen Milch angerührt und lauwarm mit einer Pipette oder Einwegspritze (ohne Nadel!) ins Mäulchen geträufelt. Vorsicht das die Kleinen sich nicht verschlucken und Flüssigkeit in die Lunge bekommen!
Alle 2 Stunden (auch Nachts!) erhalten die Welpen 1-2 ml Flüssigkeit, später mehr. Nach jeder Mahlzeit muss man die Analgegend der Welpen leicht mit einem Finger massieren um so die Darmtätigkeit anzuregen. Als Wärmequelle leistet eine Infrarotlampe gute dienste.
Mit etwas einer Woche brauchen die Kleinen Nachts keine Nahrung mehr, jetzt kann man auch anfangen Karottenbrei oder Schmelzflocken unterzumischen. Auf jeden Fall sollte jetzt auch Vitamin C zugesetzt werden. Damit die Welpen lernen was man alles Fressen kann, Körner, Pellets, Heu, Grün...usw. und wie man aus der Trinkflasche trinkt brauchen sie eine Amme (auch ein älteres Jungtier kann helfen) von der sie sich alles abschauen können.